Hessen hat zur kommenden Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 10. November 2022 einen Beschlussvorschlag vorgelegt. Unter hessischer Federführung soll eine Arbeitsgruppe damit beauftragt werden, die Praxistauglichkeit und Reformbedürftigkeit des Ordnungswidrigkeitenrechts zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe soll dabei konkrete Vorschläge für mögliche Gesetzesänderungen erarbeiten.
Der hessische Justizminister, Prof. Dr. Roman Poseck, erklärte dazu: „Die Justiz wird durch Massenverfahren auch im Ordnungswidrigkeitenrecht stark belastet. Dies gilt etwa für den Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsübertretungen, Abstandsunterschreitungen oder Rotlichtverstöße. Wir brauchen eine umfassende Überprüfung der Praxistauglichkeit bestehender Vorschriften, um Bußgeldverfahren beschleunigen und effektiver gestalten zu können.“
Aktuelle Rechtslage ist selten praktikabel
Die geltende Rechtslage führt häufig dazu, dass trotz kurzer Verjährungsfristen eine erhebliche Zeitspanne zwischen der Tatzeit und dem Abschluss des Verfahrens liegt. Dies steht einer zeitnahen Ahndung potentiell gefährlichen Verhaltens entgegen. In der Praxis ist zudem vermehrt zu beobachten, dass gerade auch Betroffene, denen eine Verkehrsordnungswidrigkeit vorgeworfen wird, die ihnen zustehenden Verfahrensrechte nicht ergreifen, um erhebliche Einwendungen gegen den Bußgeldbescheid vorzubringen, sondern um das Verfahren zu verzögern.
„Im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts besteht dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Gerade bei Geldbußen im unteren Wertbereich nehmen Bußgeldverfahren bisweilen einen Raum ein, der unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Prinzipien weder notwendig noch vermittelbar ist. Dies gilt nicht nur für Verkehrsordnungswidrigkeiten, sondern auch bei Bußgeldverfahren aus anderen Lebensbereichen, wie etwa Verstößen gegen Corona-Auflagen. Die mit der hohen Zahl an Ordnungswidrigkeitsverfahren einhergehende erhebliche Bindung von Kapazitäten und personellen Ressourcen geht zu Lasten der anderen durch die Justiz zu bewältigenden Aufgaben“, so Prof. Dr. Roman Poseck weiter.