Justizministerin Eva Kühne-Hörmann hat Frau Brigitte Tilmann vor den Weihnachtsfeiertagen den Hessischen Verdienstorden übermittelt. Damit wird Frau Tilmann für ihr berufliches Wirken in der hessischen Justiz, vor allem als Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt, aber auch für ihr herausragendes ehrenamtliches Engagement für das Fritz Bauer Institut und zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen gewürdigt.
Eine persönliche Übergabe des Ordens in einem festlichen Rahmen fiel der anhaltenden Corona-Pandemie zum Opfer. In einem Brief an Frau Tilmann und in einem Telefonat äußerte Eva Kühne-Hörmann ihr Bedauern über die einvernehmliche Absage einer feierlichen Übergabe: „Normalerweise ist die Aushändigung von Orden oder Ehrenzeichen ein festlicher Akt, in dem im Rahmen einer Feierstunde die zukünftige Ordensträgerin bzw. der zukünftige Ordensträger im Kreise der Familie, Mitstreiterinnen, Weggefährten, Freunden und Bekannten für seine Verdienste gewürdigt wird. Ich bedauere, dass wir in einem Telefonat gemeinsam die unvermeidliche Entscheidung treffen mussten, zum Schutz der Gesundheit der Beteiligten, von einer persönlichen Übergabe des Ordens abzusehen. Wir beide haben uns das anders vorgestellt, denn schließlich ist die Verleihung des Hessischen Verdienstordens eine große Ehre, die es verdient, würdig gefeiert zu werden. Der Hessische Verdienstorden ist eine der höchsten Auszeichnungen, die das Land Hessen vergibt. Über die Vergabe entscheidet allein der Ministerpräsident und die Ordenswürde ist auf maximal 800 lebende Personen beschränkt. Uns beiden war es aber aus persönlichen Gründen ein besonderes Bedürfnis, die Überreichung des Ordens nicht noch weiter hinauszuzögern.“
Ehrenamtlicher Einsatz gewürdigt
„Die Modalitäten der Übergabe sollen aber nicht die beeindruckenden Verdienste von Ihnen, liebe Frau Tilmann, schmälern,“ so Eva Kühne-Hörmann, die weiter ausführte: „Nach Ihrer beeindruckenden Laufbahn in der hessischen Justiz, die Sie als erste und bislang einzige Frau an die Spitze des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main geführt hat, haben Sie sich nach ihrer Pensionierung im Jahr 2006 quasi im ‚Unruhestand‘ ehrenamtlich für gesellschaftliche Themen zum Wohle der Allgemeinheit eingesetzt. Ihr herausragendes Engagement in dieser Zeit war und ist für das Land Hessen und die Bundesrepublik Deutschland von besonderer Bedeutung.“
„Zuvörderst ist Ihr großer ehrenamtlicher Einsatz für das Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main von 2006 bis 2016 zu nennen. Rund zehn Jahre gehörten Sie dem Vorstand des Fördervereins an, von 2006 bis 2012 als Vorstandsvorsitzende. In dieser Zeit haben Sie es – trotz schwieriger finanzieller Ausgangslage – mit Energie, Tatkraft und dank guter Verbindungen geschafft, das Institut über Wasser zu halten, neue Forschungsstellen einzurichten, eine Kooperation mit dem Jüdischen Museum in Frankfurt einzugehen, die Einrichtung eines pädagogischen Zentrums gemeinsam mit dem genannten Museum voranzutreiben sowie die Entstehung des Norbert Wollheim Memorials zu bewerkstelligen“, so Eva Kühne-Hörmann.
Großes Engagement bei der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen
Eva Kühne-Hörmann würdigte insbesondere Brigitte Tilmanns Engagement bei der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen: „Sehr geehrte Frau Tilmann, nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe gegen die Schulleitung und einige Lehrkräfte wegen des jahrzehntelangen sexuellen Missbrauchs gegen Schutzbefohlene Ende der 1990er-Jahre an der Odenwaldschule und der Einstellung der Verfahren gegen die Verantwortlichen wegen Verjährung, wurden Sie im Frühjahr 2010 gemeinsam mit der Rechtsanwältin Claudia Burgsmüller mit der Untersuchung dieser Missbrauchsfälle beauftragt. Ihr Abschlussbericht im Dezember 2010 war erschütternd: 132 Schüler und Schülerinnen hatten sich wegen des sexuellen Missbrauchs in den Jahren 1965 bis 1998 gemeldet. Darüber hinaus wurden Sie durch das Hessische Kultusministerium im Mai 2015 mit der Untersuchung der Vorgänge wegen sexuellen Missbrauchs durch einen Lehrer an der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Darmstadt beauftragt. Als Folge ihrer vielbeachteten Kompetenzen gehören Sie seit 2016 als eine von sieben Mitgliedern zu der auf Bundesebene eingerichteten ‚Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs‘ an und setzen sich seither kontinuierlich für die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs auf gesellschaftlicher und politischer Ebene ein.“
Eva Kühne-Hörmann schloss mit Worten des Danks: „Zu Ihrer Auszeichnung ob Ihrer Verdienste gratuliere ich Ihnen ganz herzlich und spreche Ihnen im Namen der Hessischen Landesregierung Dank und Anerkennung aus. Ihr beispielhaftes Engagement hat dazu beigetragen, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland sicherer aufwachsen können. Ich freue mich darauf, wenn wir uns nach Abklingen der Pandemie persönlich treffen, um ein feierliches Beisammensein nachzuholen.“