Die Hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann hat den 8. Güterichtertag besucht. Die inzwischen jährlich stattfindende Veranstaltung dient der Fortbildung und Vernetzung der zahlreichen Güterichterinnen und Güterichter verschiedener Gerichtsbarkeiten in Hessen und wird vom Forum Güterichter organisiert. Die Hessische Justizakademie im Hessischen Ministerium der Justiz unterstützt die Fortbildung seit der ersten Stunde vor acht Jahren organisatorisch und finanziell.
Justizministerin Eva Kühne-Hörmann sagte im Rahmen der Veranstaltung: „In diesem Jahr feiert das Güterichterverfahren das zehnjährige Jubiläum. Dies ist ein besonderes Ereignis, zu dem ich den Güterichterinnen und Güterichtern in Hessen gratulieren und meinen Dank aussprechen möchte. Ohne die herausragende Arbeit der Güterichterinnen und Güterichter wären das Güterichterverfahren in Hessen sicherlich nicht so weit, wie es heute ist. Man merkt, die Güterichterinnen und Güterichtern brennen für diese Materie, war doch die heutige Veranstaltung so gut besucht wie noch nie. Aber auch die spannenden und konstruktiven Praxisberichte aus allen fünf Gerichtsbarkeiten in Hessen haben mir gezeigt, mit wieviel Engagement alle Beteiligten bei der Sache sind.“
„Atmosphäre für eine gütliche Einigung schaffen“
„In Hessen gab es schon immer zahlreiche Befürworter für das Güterichterverfahren. Deswegen war ich sehr froh, als dieses Verfahren im Jahr 2012 nach langen Diskussionen endlich eingeführt wurde. Eine besondere Freude war es daher auch für mich, dass das Ministerium die Ausstattung des Güterichterzimmers beim Oberlandesgerichts Frankfurt unterstützen durfte. Nur in besonders ausgestatteten Zimmern, die nicht wie Gerichtssäle aussehen dürfen, können die Güterichterinnen und Güterichtern die erforderliche Atmosphäre für eine gütliche Einigung zwischen den streitenden Parteien schaffen“, so die Justizministerin weiter.
Das Güterichterverfahren ist ein gerichtsinternes Angebot zur Streitbeilegung. Die Güterichter setzen dabei moderne Methoden der Konfliktbewältigung ein, vornehmlich die Mediation. Neben der außergerichtlichen Streitschlichtung beim Schiedsamt oder bei einer Gütestelle bietet das Güterichterverfahren eine gerichtsinterne Möglichkeit, den Streit beizulegen und ein Urteil im Einvernehmen aller Beteiligten auch noch nach der Klageerhebung zu vermeiden.
„Noch mehr Menschen überzeugen“
„Das Güterichterverfahren bietet die Chance auf eine nachhaltige Konfliktlösung auch in sehr komplexen und umfangreichen Streitigkeiten. So können mehrere Verfahren der Beteiligten, die an unterschiedlichen Gerichten anhängig sind, in einer Güterichterverhandlung zusammengefasst und mit einer Gesamtlösung abgeschlossen werden. Wir werben dafür, dass insbesondere Rechtsanwälte und Behörden dieses Potential erkennen und möglichst schon in einem frühen Verfahrensstadium den Weg zum Güterichter einschlagen“, sagte Peter Brändle, Güterichter am Hessischen Landessozialgericht.
„In Zukunft muss es darum gehen, noch mehr Menschen von den Vorteilen des Güterichterverfahrens zu überzeugen. Damit können Rechtstreitigkeiten gelöst werden, bei denen dies für die Parteien vorher undenkbar erschien“, so die Justizministerin, die abschließend sagte: „Nicht jeder Rechtsstreit ist dazu geeignet, im Rahmen eines Güterichterverfahrens beigelegt zu werden. Wenn es aber gelingt, ist der Erfolg umso größer und nachhaltiger. Hinter den erfolgreich abgeschlossenen Verfahren verbergen sich nämlich häufig weitere Konflikte, die mit den normalen Instrumenten der Prozessordnungen nicht erreicht werden könnten.“
Zum Hintergrund
An den hessischen Gerichten waren im Jahr 2021 insgesamt 195 Güterichterinnen und Güterichter tätig, die insgesamt 582 Verfahren bearbeitet haben. Dabei konnten 365 Verfahren mit Erfolg abgeschlossen werden, das entspricht einer Erfolgsquote von 62,71 %.
Im Güteverfahren versuchen die Streitparteien, mit Hilfe der Güterichterinnen und Güterichter ihren Konflikt einvernehmlich zu lösen. Diese vermitteln im Konflikt, schaffen eine konstruktive Gesprächsatmosphäre und achteten auf einen fairen Umgang untereinander. Die Interessen der Beteiligten sowie deren rechtliche und sonstige Argumente werden gemeinsam erörtert und der Lösung zugrunde gelegt. Die Güterichter können eine Einigung sofort als gerichtlichen Vergleich aufnehmen.
Besonders geeignet ist das Güteverfahren für Streitigkeiten, bei denen persönliche Anliegen und Bedürfnisse der Betroffenen den Schwerpunkt bilden, oder wenn erkennbar ist, dass der Rechtsstreit nur ein Teil eines umfangreicheren Konflikts zwischen den Beteiligten darstellt. Mithilfe eines Güteverfahrens kann versucht werden, eine für beide Seiten tragfähige und einvernehmliche Lösung der vorhandenen Konflikte zu finden.
Der Güteversuch findet in eigens dafür vorgesehenen Räumlichkeiten – nicht im Gerichtssaal – und in konstruktiver und ungezwungener Atmosphäre statt. Die Güterichter sind neutral und überparteilich. Sie geben in der Regel keinen rechtlichen Rat und sind von einer etwaigen Entscheidung im eigentlichen Klageverfahren ausgeschlossen.
Zusätzliche Gerichtskosten fallen für die Verfahrensbeteiligten nicht an.