„Die konsequente Verfolgung von Straftaten gegen Amtsträger muss hohe Priorität haben. Wer sich für den Staat und die Gesellschaft einsetzt, verdient besonderen Schutz, insbesondere auch durch eine konsequente Strafverfolgung. Auch wenn Angriffe auf Rettungs- und Einsatzkräfte in Hessen keine mit Berlin vergleichbare Dimension erreicht haben, ist ein Ausbau der Schwerpunktsetzung bei der Strafverfolgung sinnvoll. So werden ein hohes Maß an Spezialisierung sowie eine einheitliche und konsequente Bearbeitung gewährleistet. Jeder einzelne Angriff ist einer zu viel“, erklärte der hessische Justizminister Roman Poseck heute in Wiesbaden anlässlich der vorgesehenen strukturellen Änderungen bei den hessischen Staatsanwaltschaften.
Schon bislang waren in einzelnen Staatsanwaltschaften in Hessen Sonderdezernate eingerichtet, so z.B. bei der Staatsanwaltschaft in Darmstadt und der Zweigstelle in Offenbach sowie bei der Staatsanwaltschaft Hanau und seit kurzem bei der Amtsanwaltschaft in Frankfurt. Diese Struktur wird nun auf ganz Hessen übertragen. „Ich habe mir selbst in den letzten Tagen einen Eindruck von den Strukturen in der Staatsanwaltschaft Darmstadt vor Ort verschafft und bin überzeugt, dass die flächendeckende Schaffung der Sonderdezernate ein sinnvoller und wichtiger Schritt ist. Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Hessen werden so noch effektiver Straftaten gegen Amtsträgerinnen und Amtsträger verfolgen“, führte Roman Poseck weiter aus.
Anstieg der Verfahren wegen Straftaten
Die Sonderdezernate erfassen Verfahren wegen Widerstands gegen bzw. tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamtinnen und Vollstreckungsbeamte oder Personen, die Vollstreckungsbeamtinnen und Vollstreckungsbeamten gleichstehen (§§ 113 bis 115 StGB) und damit zusammenhängende Straftaten (z.B. Beleidigungsdelikte (§§ 185, 186 StGB) und Körperverletzungsdelikte (§§ 223, 224 StGB)).
Hessenweit ist ein Anstieg der Verfahren wegen Straftaten gemäß §§ 113 bis 115 StGB feststellbar. Diese Vorschriften umfassen einen gewichtigen Teil der Straftaten gegen Amtsträgerinnen und Amtsträger, nämlich Verfahren wegen Widerstands gegen bzw. tätlicher Angriffe auf Vollstreckungsbeamtinnen und Vollstreckungsbeamte oder Personen, die diesen gleichgestellt sind, zum Beispiel Einsatzkräfte der Rettungsdienste oder der Feuerwehr. Im Jahr 2020 sind bei den hessischen Staatsanwaltschaften 2.084 Ermittlungsverfahren wegen dieser Taten eingeleitet worden; 2022 lag die Zahl bei 2.233. Das entspricht einem Anstieg um gut 7% in zwei Jahren. Auch die Zahl der Anklagen wegen Straftaten gemäß §§ 113 bis 115 StGB hat zugenommen: von 593 in 2020 auf 695 in 2022. Die Zunahme liegt bei mehr als 17%. 2020 wurden in Hessen 133 Personen zu Freiheitsstrafen wegen dieser Taten verurteilt; 2022 lag die Zahl bei 139.
477 zusätzliche Stellen für die Justiz
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main hatte bereits im Sommer 2021 eine Rundverfügung an alle hessischen Staatsanwaltschaften mit dem Inhalt herausgegeben, dass Verfahren zum Nachteil von Amtsträgerinnen und Amtsträgern konsequent verfolgt werden und nur in begründeten Ausnahmefällen eingestellt werden dürfen. Die Rundverfügung unterstützt und bestätigt damit die Staatsanwaltschaften in der bereits zuvor geübten zurückhaltenden Anwendung von Opportunitätsvorschriften der Strafprozessordnung. Nur in besonders zu begründenden Einzelfällen kann ausnahmsweise hiervon abgewichen werden. Zu diesen inhaltlichen Vorgaben tritt jetzt eine entsprechende Organisationsstruktur der Sonderdezernate bei allen neun Staatsanwaltschaften hinzu.
„Hessen investiert massiv in den Rechtsstaat. 477 zusätzliche Stellen für die Justiz im Doppelhaushalt, darunter 37 Stellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, sind ein starkes Signal für einen konsequenten Rechtsstaat. Im Unterschied zum Bund hat Hessen einen Pakt für den Rechtsstaat aufgelegt. Zu Recht weist der Deutsche Richterbund auf Widersprüchlichkeiten der Politikerinnen und Politiker der Ampelkoalition in Berlin hin, wenn diese einerseits eine konsequente und schnelle Strafverfolgung fordern und sie gleichzeitig die Ankündigung einer personellen Unterstützung gegenüber den Ländern im Rahmen einer Verstetigung des Pakts für den Rechtsstaat auf Bundesebene zurückziehen“, sagte der Justizminister abschließend.